Programm-Ablauf Gefriertrocknung

Bei den meisten Gefriertrocknern handelt es sich um voll- oder halbautomatische Anlagen, die nach Nutzervorgaben die Gefriertrocknung durchführen. Im Fokus steht hier im ersten Schritt das Produkt selber.

Die folgenden Punkte helfen Ihnen die Gefriertrocknung in der Praxis durchzuführen. Es fehlen aber die Feinheiten. Für jedes einzelne Produkt muss förmlich ein Trocknungsrezept erstellt werden. Das Produkt bestimmt den Trocknungsablauf bezogen auf Zeiten, Drücke und Temperaturen. Da die Gefriertrocknung sehr energiefressend ist, sollte ein Durchlauf nicht unnötig in die Länge gezogen werden. I.d.R. werden diese Rezepte in Labor- oder Technikumsanlagen durch Testchargen erarbeitet und später auf Produktionsgeräte übertragen.

  • Produkt einfrieren (extern oder im Gerät falls möglich)
  • Kondensator einschalten
  • Produkt im Gerät platzieren, falls extern eingefroren
  • Gerät, Kammer, Ventile schließen
  • Kammer evakuieren, wenn der Kondensator die Temperatur erreicht hat. Wert je nach Wasserdampftabelle
  • Haupttrocknung durch einschalten der Heizung starten | bei einfachen Geräten startet sie automatisch durch die Raumtemperatur
  • Nachtrocknung mit max. Vakuum
  • Produkt entnehmen und verpacken
  • Abtauen des Kondensators

Teil 1: Produktinfos einholen

Der Schmelzpunkt des Produktes muss bekannt sein. Dieser ist entscheidend für das Einfrieren und später auch für die Gefriertrocknung selber. Wer hier keine Infos hat, muss über die Inhaltsstoffe eine Schätzung vornehmen. Hier sind z.B. Zucker, Salz, Lösungsmittel zu beachten. Auch ein Paar „Gedanken“ über die zu erwartende Trockensubstanz sind vorteilhaft. Dazu später mehr.

Teil 2: Wahl des Trocknungsgefäßes und Befüllung

Meistens sind bei jedem Gefriertrockner Trocknungsschalen, -flaschen oder -kolben dabei. Sie sind meistens aus Edelstahl, Aluminium oder Glas, in manchen Fällen auch aus Kunststoff. Hier gibt es nicht viel zu beachten, es sei denn, man verwendet einen Gefriertrockner mit temperierbaren Stellflächen. Hier müssen die Schalen komplett aufliegen, um den besten Wärmetransfer von der Stellfläche in das Produkt zu gewährleisten. Die Schale darf nicht kippeln oder ähnlich.

Beim Befüllen des Gefäßes spielt in erste Linie die Füllhöhe eine Rolle, denn diese bestimmt u.a. die Trocknungsdauer. Beispiel: Wir befüllen eine Schale 10mm hoch mit Wasser und starten eine Gefriertrocknung mit Standardparametern. Die reine Trocknungszeit wird ca. 24 Stunden betragen. Befüllen wir die Schale mit 20mm Wasser verdoppelt sich die Trocknungszeit nicht, sondern sie erhöht sich fast exponentiell. Schätzungsweise wird die Trocknung 60 Stunden dauern.

Bei der Gesamtmenge der Beladung des Gefriertrockners müssen die Herstellerangaben beachtet werden. Diese wird oft in Kilogramm pro 24 Stunden oder nur in kg angegeben. Dieser Wert steht für die Eisaufnahme des Resublimation am Kondensators. In einer 10kg-Anlage kann man also 10 Liter Wasser verdampfen. Bei einem Produkt mit 50% Trockenmasse können wir das Gerät folglich mit 20kg beladen.

Teil 3: Das Einfrieren

Wie schon im Teil der Theorie erwähnt, ist das Einfrieren eine Voraussetzung für die Gefriertrocknung. Je nach Art des Gefriertrockners, kann dieses direkt im Gerät oder muss extern durchgeführt werden. Dies kann in einer Gefriertruhe geschehen oder auch mit Hilfe von z.B. Stickstoff. Die Einfriertemperatur ist vom Schmelzpunkt des Produktes abhängig und muss natürlich unter diesem liegen. Zusätzlich sollte man einen Puffer für den Transport in den Gefriertrockner, falls dieser keine Einfrierfunktion hat, und für die Zeit der Evakuierung der Kammer einberechnen. Das Produkt muss durchgefroren sein. Es ist nicht zu empfehlen, Produkte nur „anzufrieren“ und dann später über das Vakuum einzufrieren. Dies kann u.U. zu Schäden an der Vakuumpumpe führen.

Die Einfriergeschwindigkeit und -tiefe hat einen Einfluss auf das spätere Produkt. Je schneller | tiefer, um so besser. Bei geringer Einfriertemperatur entstehen große Eiskristalle, die das Produkt förmlich „mechanisch zerstören“. Wer die Ursprungsform erhalten möchte, sollte schnell einfrieren. Weiterhin kann es passieren, dass sich Bestandteile einer Lösung absetzen und am Ende kein homogenes Lyophilisat entsteht.

Mit dem Einfrieren sollte der Temperaturfühler, wenn vorhanden, im Produkt platzieren werden. Wer extern einfriert, kann entweder den Fühler am Gefriertrockner ausstecken, im Produkt platzieren und in der Gefriereinheit mit einfrieren oder nach dem Einfrieren ein Loch in das gefrorene Produkt für den Temperaturfühler bohren.

Teil 4: Der Kondensator

Der Kondensator des Gefriertrockners sollte parallel zum Einfrieren des Produktes eingeschaltet werden. Normalerweise wird hier weder Temperatur noch Zeit eingestellt. Nach dem Einfrieren, sofern dies im Gerät geschieht, wandert die komplette* Kälteleistung in den Kondensator, um hier eine möglichst tiefe Temperatur zu erreichen. Bis zum Ende der Trocknung muss dieser für die Resublimation in Betrieb sein. Wer aus Zeitnot die Trocknung vorab startet, riskiert hier einen Schaden an der Vakuumpumpe, da der Dampf der Sublimation nicht komplett am Kondensator resublimiert werden kann und dann in die Pumpe gelangt. Besonders beim Start des Trocknungsvorgangs ist der Kondensator am meisten gefordert und kann je nach Kälteleistung des Gefriertrockners die Temperatur nicht halten.
* je nach Ausführung werden im letzten Drittel der Trocknung die Stellfläche mit einem kleinen Teil der Kälteleistung kurzfristig geregelt.

Teil 5: Die Gefriertrocknung

Nun kommen wir zu den Parametern der eigentlichen Gefriertrocknung, die jeweils von der Art und Ausstattung des Gefriertrockners abhängig sind. Bei einfachen Laborgefriertrocknern ohne Heizung, d.h. die Trocknungskammer ist aus Plexiglas oder über einen Trocknungsrechen wird in Glaskolben getrocknet, kann man u.U. nichts einstellen, wenn das Gerät nicht über eine Vakuumregelung verfügt. Vom Ablauf her wird zuerst das Produkt extern eingefroren und dann der Gefriertrockner bzw. ist es dann nur der Kondensator eingeschaltet und somit vorgekühlt. Jetzt nur noch das Produkt in der Kammer platzieren, Vakuumpumpe einschalten (oder Ventil öffnen) und die Gefriertrocknung startet. Die Trocknungstemperatur ist gleich der Raumtemperatur bei max. Vakuum.

Verfügt das Gerät über eine Vakuumregelung, kommt nun die Wasserdampftafel oder -tabelle zum Einsatz.

Wasserdampftabelle | Einstellen des Vakuumwertes

Auf Grundlage von https://drytec-lohntrocknung.de/wie-funktioniert-gefriertrocknung-theorie/ und der Wasserdampftabelle können nun die Parameter der Gefriertrocknung festgelegt werden. Hier kann die Temperatur und auch der Aggregatzustand von Wasser im Vakuum abgelesen werden.

Phase mbar °C
Nachtrocknung 0,001 -76,19

0,005 -65,53

0,01 -60,57

0,05 -48,08

0,1 -42,23

0,2 -36,06
Haupttrocknung 0,3 -32,29

0,4 -29,55

0,5 -27,38

0,6 -25,57

0,7 -24,02

0,8 -22,67

0,9 -21,46

1 -20,36
Übergang 1,5 -16,07
nicht empfehlenswert 2 -12,94

2,5 -10,45

3 -8,38

3,5 -6,61

4 -5,06

4,5 -3,67

5 -2,42

6 -0,22
keine 7 1,89
Gefriertrocknung 8 3,77
möglich! 9 5,46

10 6,98

Im unteren roten Bereich >6mbar ist das Wasser im Produkt noch nicht einmal gefroren. Im nächsten Bereich zwischen 6 und 1,5mbar ist das Wasser gefroren, aber dies ist eine Art Grenzbereich, denn man darf niemals die Umgebungs- und evtl. auch die Raumtemperatur außer acht lassen. In der Theorie wäre hier ein Gefriertrocknung möglich, aber nur in einer angepassten Umgebung. Also nicht zu empfehlen. Die Haupttrocknung sollte in einem Vakuum des grünes Bereiches stattfinden. Den genauen Wert bestimmt letztendlich das Produkt, siehe Teil 1 oben und bei einfachen Gefriertrocknern die Raumtemperatur.

Der obere blau-graue Bereich steht für die Nachtrocknung und dieser wird eigentlich nicht eingestellt, sondern hier wird das Vakuumventil dauerhaft geöffnet, um das maximale Vakuum zu erreichen. Die Leistung der Vakuumpumpe bestimmt hier den besten Wert. Die Empfehlung liegt hier bei <0,1mbar. Die Nachtrocknung sollte erst gestartet werden, wenn die Produkttemperatur nicht mehr steigt. Dazu später mehr.

Trocknungstemperatur

Auch hier muss der Blick einerseits auf die Wasserdampftabelle fallen und natürlich auf das Produkt selber. Last but not least spielt die Art des Gefriertrockners auch eine große Rolle. Um die Gefriertrocknung zu starten muss nun Wärme-Energie in das Produkt eingebracht werden. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  1. bei einfach Geräten über die Raumtemperatur
  2. direkt über Kontakt mit einer beheizbaren Stellfläche
  3. durch Strahlungwärme
  4. Spezial-Anwendungen über Infrarotstrahlen oder Mikrowellen

Bei einem leistungsstarken Kondensator (letztendlich Kältemaschine) kann man am Anfang richtig „Gas geben“. Sogar bei beheizbaren Stellflächen kann hier mit der Trocknungstemperatur über das „produkt-verträgliche“ hinaus gegangen werden. Es wird von unten Wärmeenergie in das Produkt gegeben, aber die Sublimation startet an der Oberfläche und erreicht erst im späteren Verlauf der Gefriertrocknung den kritischen Punkt der Produktverträglichkeit. Bei der Strahlung ist es ähnlich, nur hier muss die Temperatur grundsätzlich viel höher angesetzt werden. ABER es darf niemals die Wasserdampftabelle außer acht gelassen werden. Wenn man bei 1mbar Vakuum über die Stellfläche mit 70°C startet, wird das Produkt auftauen und aufkochen. Die Differenz zwischen Temperatur aus der Tabelle beim einstellten Vakuum und Trocknungstemperatur darf nicht zu groß werden. Hier eine konkrete Zahl zu nennen, ist nicht möglich, da dies vom Produkt abhängt.

Während der Gefriertrocknung muss dann die Temperatur je nach Produktverträglichkeit angepasst werden.

Teil 6: Die Nachtrocknung

Je nach Platzierung der Fühler steigt die Produkttemperatur in der 2. Hälfte der Trocknung bis sie irgendwann stabil bleibt und parallel zur gewünschten Trocknungstemperatur ist. Spätestens an diesem Punkt sollte die Nachtrocknung gestartet werden, d.h. das Vakuumventil zur Vakuumpumpe bleibt geöffnet, um ein möglichst tiefes Vakuum zu erhalten. Hierdurch wird der letzte Tropfen Wasser aus den Zellen des Produktes gezogen.